Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert 11.06.2022
In den Pionierjahren der Motorisierung sah es auf den Straßen im Regierungsbezirk Aachen anders aus als heute. Es gab fast halb so viele Motorräder wie Autos, Lastwagen waren eine Seltenheit und Frauen am Steuer eine absolute Ausnahme. Wie es in den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf den Straßen der Region zuging, zeigt diese Bilderstrecke. Im Bild ein Auto des Aachener Herstellers Fafnir. Der ab 1911 in Aachen gebaute Typ 471 gehörte zu den ersten „Selbstfahrer“-Autos, die nicht mehr von einem ausgebildeten Chauffeur gesteuert werden mussten. Mit einem 2,3-Liter-Motor kam der Fafnir mit guten 30 PS auf stolze 60 bis 70 Kilometer pro Stunde.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Der Arbeitsplatz des Fahrers im Fafnir 471. Die Instrumentierung ist eher schlicht, der Fahrer sitzt wie damals üblich rechts. Das Lenkrad mit seinen Metallspeichen deutet schon den Kraftaufwand an, den der Fahrer ohne Servohilfe auf die Räder ausüben musste.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Erhellend: Um die Fahrzeugbeleuchtung konnte sich der Fahrer dank abnehmbarer Karbid-Lampen gut kümmern. Die Bilder entstanden 2017 anlässlich einer Ausstellung im Aachener Stadtmseum Centre Charlemagne.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Koffer-Raum: Das Gepäck wurde zu Kaisers Zeiten gerne außerhalb der Karosserie untergebracht.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Der Aachener Fahrzeugbauer Fafnir – benannt nach dem Drachen aus der Nibelungensage – bot durchaus legante Fahrzeuge an. Zum Beispiel dieses Taxi, das laut der Beschriftung der undatierten – aber stark retuschierten – Aufnahme im Aachener Stadtteil Ronheide fotografiert wurde.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Dieser 1919 gebaute Fafnir 472 war ursprünglich eine sogenannte Phaeton-Limousine. Er wurde 1930 in eine Art Pick-Up-Kleinlaster mit Pritsche umgebaut. Im Jahr 1919 übernahmen die „Rheinischen Nadelfabriken GmbH“ in Aachen Anteile der Fafnir-Werke und lieferten unter anderem Speichen. Im Foyer des Unternehmens, das noch heute existiert und Rhein-Nadel Automation heißt, steht ein restauriertes Fafnir-Omnimobil von 1904.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Blick in den Motorraum des Fafnir 472. Damals sah es unter der Motorhaube noch weit übersichtlicher aus als bei heutigen Fahrzeugen.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Front und Kühlermaske des Fafnir 472. Die markanten Blattfedern aus Stahl, noch aus dem Kutschenbau bekannt, ragen seitlich ins Bild. Das fahrfähige Fahrzeug gehört der Aachener FEV GmbH und ist, wie das moderne Nummernschild beweist, für den Straßenverkehr zugelassen.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Manfred Kistermann Die Fafnir-Autos sollten in den frühen 20er Jahren die absoluten Renner sein, sie kamen unter anderem bei den legendären Eifelrundfahrten in den frühen 1920er Jahren zum Einsatz. Gebaut wurden sie an der Jülicher Strasse, wo auch dieses Bild entstand.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert In Aachen begann die Ära des Autobaus weder auf vier, noch auf zwei Rädern, sondern auf dreien: Max Cudell baute in seiner Fabrik an der Metzgerstraße unter Lizenz der französischen Firma De Dion-Bouton ab 1898 solche Motordreiräder.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Marc Heckert Alles Handarbeit: Wer im Cudell-Dreirad flott unterwegs sein sollte, brauchte Fingerfertigkeit und natürlich Fahrerfahrung.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Sigfús Eymundsson Cudell hatte auch im Ausland Erfolg. In seiner Fabrik an der Metzgerstraße entstand unter anderem das erste Auto, das nach Island kam. Es wurde berühmt als „Thomsenbill“ („Thomsen-Auto“, nach seinem Besitzer Ditlef Thomsen, rechts), wurde 1904 auf die Insel gebracht und später sogar mit einer eigenen Briefmarke geehrt.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Cudell warb für eine Vielzahl von Fahrzeugen. Doch schon 1905 übernahm sich die Motor-Compagnie mit aufwendigen Luxuskonstruktionen und ging bankrott.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Auch Lastwagen wurden in der Region gebaut. Hier ein Typ L57a des Aachener Herstellers Mannesmann-Mulag, geliefert im Jahr 1913 für den russischen Markt. Der Hersteller geriet 1927 in Schieflage und wurde vom Konkurrenten Büssing in Braunschweig geschluckt.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Adam Opel AG Unter den Autobesitzern in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts waren überaus viele Mediziner – alleine im Regierungsbezirk Aachen gab es im Jahr 1909 ganze 26 Fahrzeughalter mit dem Beruf Arzt, Zahnarzt und Tierarzt. In dieser Berufsgruppe sollte der im selben Jahr neu vorgestellte Opel 4/8 PS so große Beliebtheit erringen, dass er den Spitznamen „Doktorwagen“ bekam. Er war einfach zu bedienen, bis zu 60 Kilometer pro Stunde flott, knapp 4000 Reichsmark billig, hatte zwei Sitze und 8 PS. Der Fahrer – es war damals, so wie hier, praktisch immer ein Mann – saß, wie üblich, rechts.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Frauen am Steuer waren in den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch eine Seltenheit. Das Adressverzeichnis von 1909 verzeichnet nur vier Kfz-Halterinnen für den Regierungsbezirk Aachen. Es könnte allerdings durchaus mehr des Fahrens kundige Frauen als eingtragene Halterinnen gegeben haben, wie dieses leider undatierte Foto andeutet. Es zeigt einen Fahrschulwagen der Chauffeurschule P. Vincken, die in der Ottostraße 84 in Aachen ihre Geschäftsräume hatte. Das Bild verrät uns leider nicht, ob die etwas streng blickende Dame hinterm Steuer Schülerin oder Lehrerin war.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Mit Energie und Mut trotzten die ersten Fahrerinnen dem gesellschaftlichem Gegenwind und den Tücken von Technik und schlechten Straßen. Im Sommer 1909 durchquerte mit Alice Ramsey die erste Frau den nordamerikanischen Kontinent in einem Auto – eine Strecke von 6000 Kilometern.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Zurück in den Regierungsbezirk Aachen und seinen vier Autohalterinnen. Eine davon war überaus bekannt: Prinzessin Louise von Belgien, die Tochter von König Leopold II., auf die gleich zwei Fahrzeuge angemeldet waren.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: MHA Archiv Nach ihrer Flucht aus einer psychiatrischen Anstalt im Jahre 1904, wo sie für etliche Jahre entmündigt eingesperrt worden war, bewohnte sie für einige Zeit dieses imposante Palais an der Nizzaallee in Aachen. Ihre beiden Autos der Kategorie „Lxw“ – Fahrzeuge für Luxus-, Vergnügungs- und Sportzwecke – dürfte stehts ein Chauffeur bewegt haben. Im Dezember 1909 kehrte sie nach Belgien zurück.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Le Sport universel illustré/Wikipedia Im Sommer 1901 schaute die Autowelt auf Aachen: Die erste Etappe des großen Autorennens Paris – Berlin im Jahr 1901 endete am 6. Juli nach 458,66 Kilometern in der Kaiserstadt. Hier der Zieleinlauf mit dem Willkommens-Transparent. Am nächsten Tag ging es über weitere 470 Kilometer nach Hannover, am Tag darauf über 300 Kilometer nach Berlin. Organisiert hatten das gut 1100 Kilometer lange Rennen, das bis dahin größte Motorsportereignis überhaupt, die Automobilclubs von Frankreich und dem Deutschen Reich.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Die Woche/Schmidt/Wikipedia Sieger der Automobilfernfahrt Paris – Berlin wurde der Franzose Henri Fournier auf einem Mors 60 hp. Er brauchte für die Strecke insgesamt 15 Stunden, 33 Minuten und 6 Sekunden. Hier fährt er als Sieger über die Trabrennbahn Westend. Auf der Fahrt musste er elf Mal einen Reifen wechseln, neun Mal wegen eines Plattens und zwei Mal nach einem Platzer. Im Durchschnitt benötigten er und sein Mechaniker dafür neun Minuten. Erfolgreichster deutscher Fahrer wurde Wilhelm Werner auf dem 18. Platz. Er brauchte in seinem Mercedes 21 Stunden, 29 Minuten und 49 Sekunden für die Strecke.
-
Mit Fafnir, Cudell und Doktor-Opel über Kaisers Straßen
Foto: Sammlung Gries Und zu guter Letzt: Knöllchen und selbsternannte Hilfssheriffs gab es schon zur Kaiserzeit. Hier wird in der „Allgemeinen Automobil-Zeitung“ im Februar 1907 vor einem in Stolberg lebenden Anwalt gewarnt, der offenbar notorisch Autofahrer anzeigte.
-